16 – 19 April 2026
Messegelände Köln

22. November 2021, von Andreas Bechler

Wearables als Fitnessstudio richtig einsetzen

Jeder kennt sie, viele Sportler verwenden sie, aber von Fitnessstudios selbst werden Wearables noch selten genutzt. Wie man diese im eigenen Studio etablieren kann.

Wearables werden im Alltag zunehmend präsent. Alleine im Corona-Jahr 2020 wurden weltweit insgesamt 445 Millionen Einheiten verkauft. Die Prognose für das Jahr 2024 sagt einen Anstieg auf 632 Millionen Einheiten voraus. Dies hat auch die Fitnessbranche bereits verstanden. In den ACSM-Fitnesstrends belegen Geräte wie Fitness-Tracker, Smartwatches, Herzfrequenzmesser und GPS-Tracker zum wiederholten Male einen der vordersten Plätze. Das Wissen über die Nutzung dieser spannenden Technologie ist somit also vorhanden. 

Trotz des Bewusstseins von deren Bedeutung ist der Einsatz der Geräte in Fitnessstudios in erster Linie durch die Kunden getrieben. Der Kunde bringt in der Regel sein eigenes Gerät mit, nutzt dies selbstständig und muss die gewonnenen Daten selbstständig interpretieren. Das Fitnessstudio und die -trainer tauchen hier gar nicht auf, obwohl die Vorteile für beiden Seiten auf der Hand liegen sollten. 

 

Warum sind Wearables für Fitnessstudios interessant? 

Das Schöne ist, dass am Ende des Tages eigentlich jeder relevante Stakeholder aus dem Studioalltag etwas davon hat, der Kunde, der Trainer und auch das Studio / der Studioinhaber. Schauen wir uns die Vorteile also einmal gemeinsam an. 

 

Die Kundenvorteile

Betrachtet man die Vorteile für die Kunden, dann steht der Motivationsgedanke im Vordergrund. Das Training in einem Studio kann für den ein oder anderen Kunden durchaus nicht die Motivationsgrundlage sein, die es vielleicht für Fitness-Professionals bedeutet. Hier kann ein Tracking Abhilfe schaffen. Zum einen ermöglicht es dem Kunden live die Ergebnisse seines Trainings zu verfolgen. Aktuell durch das Training verbrauchte Kalorien sind dabei nur eine von vielen Visualisierungsmöglichkeiten, die die Ergebnisse live für den Kunden bieten können. Aber auch langfristig ermöglicht das Tracking deutlich verbesserte Auswertungsmöglichkeiten, um den Kunden die Ergebnisse seines Trainings zu verdeutlichen. 

Die Vorteile des Fitnesstrainers

Was man nicht messen kann, das kann man nicht managen“. Diese Aussage stammt von Tim Suchland von PRIME TIME fitness, welche im Übrigen ein tolles Best-Practice Beispiel in dem erfolgreichen Einsatz von Wearables im eigenen Studio sind. Es verdeutlicht den Kern des Problems, vor dem jeder Trainer steht. Ein Trainer im Fitnessstudio kann den Kunden nicht rund um die Uhr begleiten. Erst recht das Training außerhalb des Studios ist für ihn schwer zu greifen. 

Wearables füllen diese Lücke und lassen den Trainer in einem gewissen Umfang am nicht-begleiteten Training im und außerhalb des Fitnessstudios teilhaben. Der Trainer kann so viel besser den Fitnesszustand sowie die potenziellen Verbesserungen durch das Training einschätzen und dies entsprechend in der weiteren Trainingsplanung berücksichtigen. Die Qualität der Betreuung steigt. 

 

Die Vorteile für den Studioinhaber

Steigt die Qualität der Betreuung, freut dies natürlich denn Studioinhaber und drückt sich auch in den relevanten Kennzahlen aus. Der Anbieter Myzone beispielsweise spricht von 24% längeren Trainingszeiten und 33% häufigeren Studiobesuchen, was sich final positiv auf Zusatzumsätze und Weiterempfehlungsquote auswirkt. Aus Sicht des Betreibers ein absoluter Traum. 

Man könnte fast sagen, es handelt sich um eine Win-win-win-Situation, wenn man diese drei relevanten Gruppen betrachtet. Wie bei den meisten Dingen bedarf es aber einer guten Umsetzung, damit auch wirklich aus dieser positiven Ausgangssituation ein Erfolg wird. 

Andreas M. Bechler ist Autor, Berater, Dozent und Podcaster in der Fitnessbranche. Daneben ist Andreas Sprecher des Arbeitskreise Fitnessbranche des VSD - Verband für Sportökonomie und Sportmanagement e.V. Sie können mit Andreas über LinkedIn in Kontakt treten: https://www.linkedin.com/in/andreasmbechler/

Was sollte man bei der Etablierung im eigenen Fitnessstudio beachten?

Bei allen dargestellten Vorteilen ist natürlich klar, werden die Geräte nicht sinnvoll in den Studioalltag integriert, dann können diese Vorteile nicht greifen. Daher sollen nun einige grundsätzliche Fragen angesprochen werden, die man bei einer Umsetzung im eigenen Fitnessstudio beachten sollte.

 

Frage 1: Was möchte ich eigentlich messen? 

Bevor man sich Gedanken macht, welche Wearables für das eigene Studio interessant sein könnten, sollte man erst einmal den Blick nach innen wenden. Mit Blick auf das eigene Betreuungskonzept, welche Daten wären für eine bessere Trainingsbetreuung sinnvoll? Sicherlich fallen den eigenen Trainern einige Informationen ein, die diese in der Mitgliederbetreuung erheblich weiterbringen würden. Man sollte es dabei aber auch nicht übertreiben. Gerade in Zeiten eines erheblich gesteigerten Bewusstseins für Datenschutz hält man sich besser an die Devise: “So viel wie nötig, so wenig wie möglich”.

 

Mit diesen Informationen ist es nun möglich an die verschiedenen Anbieter heranzutreten und erste Gespräche zu führen. Es lohnt sich, mit diesen ausführlich über deren jeweilige Konzepte zu sprechen und alle relevanten Informationen zu erfragen. Auf der Basis einer solchen ersten Sondierung können präferierte Anbieter selektiert werden, welche im Anschluss eingehender begutachtet werden können. 

 

Frage 2: Wie füge ich ein Wearable in mein bestehendes Betreuungskonzept ein? 

Eine weitere entscheidende Frage ist die Kompatibilität mit dem bestehenden Konzept sowie den damit verbundenen Prozessen und Systemen. In der Regel sollte ein Fitnessstudio bereits ein gut funktionierendes Betreuungskonzept haben. Daran sollte man sich orientieren. Auf keinen Fall sollte versucht werden, durch Änderungen im Konzept dieses an das eingesetzte Wearable anzupassen. Dies führt häufig zu in Kauf genommenen Abstrichen im Betreuungskonzept, was gerade die Bestandskunden gar nicht gerne sehen und direkt zum Start zu Akzeptanzproblemen führen wird. Man sollte also immer sich selbst und dem eigenen Konzept treu bleiben. 

 

Frage 3: Wie schule ich meine Mitarbeiter im Umgang mit den Wearables und den daraus resultierenden Daten? 

Hat man sich für ein System entschieden und den Einsatz im Rahmen des Betreuungskonzepts definiert, so gilt es die Mitarbeiter entsprechend auf den Einsatz im eigenen Studio vorzubereiten. Hierzu bedarf es eines fundierten Schulungskonzeptes, welches gerade auch den Umgang mit diesen nun vorhandenen Daten den Mitarbeitern beibringt. Auch wenn viele Trainer grundsätzlich in ihrer Ausbildung mit diesen Daten theoretisch konfrontiert sind, so ist das Vorhandensein im realen Trainingsalltag doch immer noch die Ausnahme. Dementsprechend wichtig ist die erstmalige sowie auch regelmäßige Schulung im Umgang mit diesen Daten für bestehende wie auch neue Mitarbeiter im eigenen Fitnessstudio. Dieser Part darf nicht unterschätzt werden, denn wenn die Mitarbeiter nicht in der Lage sind, die Trainingsdaten korrekt zu interpretieren, dann werden die Mitglieder davon auch keinen Nutzen haben. Das ganze Unterfangen wäre komplett nutzlos. 

 

Frage 4: Wie animiere ich meine Mitglieder, das Wearable zu nutzen? 

Zu guter Letzt müssen auch die Mitglieder mitgenommen werden. Hierfür bedarf es verschiedener Maßnahmen, sowohl auf fachlicher, praktischer als auch emotionaler Ebene, die diese von der Verwendung überzeugen können. Dies mag der letzte, aber gleichzeitig der wichtigste Teil der Etablierung von Wearables im eigenen Studio sein. 

Auf der fachlichen Ebene gilt es das Mitglied mit guten Argumenten davon zu überzeugen, warum der Einsatz eines Wearables für die einzelne Person ganz persönlich Sinn macht. Hierfür ist es gut zu wissen, welche Motive für die Nutzung durch die Nutzer selbst angegeben werden: Dokumentation des Trainingserfolges, Überwachung der Körperfunktionen, Individualisierung des Trainings und zum Erhalt der Gesundheit. Es lohnt sich, um diese Motive der Kunden herum eine eigene Argumentation aufzubauen und diese dem eigenen Personal zur Hand zu geben. 

Auf praktischer Ebene sollte es den Kunden natürlich möglichst einfach gemacht werden, das entsprechende Wearable im Studioalltag zu nutzen. Dies betrifft zum einen die Handhabung an sich, aber auch die damit verbundenen Trainingsanweisungen. Es macht wenig Sinn, dem Mitglied eine Anweisung mitzugeben, dass es sich in einem bestimmten Herzfrequenzbereich bewegen sollte. Sinnvoller kann hier eine andere Form der Visualisierung, an der sich das Mitglied orientieren kann. Das bereits genannte Best-Practice Beispiel der PRIME TIME fitness-Studios wählt hier farbliche Orientierung. Die Mitglieder sehen über Bildschirme im gesamten Studio zu jederzeit in welchem farblichen Bereich (gemessen an der Herzfrequenz) sie sich gerade befinden. Je nach Trainingsziel sind sie angehalten, sich in bestimmten Bereichen zu bewegen und bestimmten Bereichen möglichst fernzubleiben. 

Auf der letzten, der emotionalen Ebene sollen die Mitglieder noch dauerhaft motiviert werden, damit die bereits kommunizierten Vorteile auch greifen können. Dies ist schon für das eigentliche Fitnesstraining nicht so einfach, was jeder Fitness-Professional im Tagesgeschäft oft genug leidvoll erfahren muss. Interessante Modelle sind hier gerade im Gamification-Bereich zu finden. Ein Punktesystem, welches die geleistete Trainingsarbeit entsprechend umwandelt und im Anschluss mit Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen vergleichbar macht, kann ein hoher Motivationsschub für die Mitglieder bedeuten. Aber auch Gewinnspiele, die anhand dieser Punkte bei bestimmten Leistungen verschiedenste Gewinne ermöglichen, können das Mitglied anspornen, doch noch die letzten Minuten auf dem Laufband durchzuziehen, um nicht in der Rangliste abgehängt zu werden. Den Ideen für weitere emotionale Motivationsmaßnahmen sind hier keine Grenzen gesetzt. 

 

Auch die technischen Aspekte müssen durchdacht sein 

Neben diesen grundsätzlichen Fragen gibt es aber auch noch eine Reihe von technischen Fragen. Es könnten zum Beispiel Schnittstellen zwischen den Wearables und eine eventuell vorhandene Software zur Trainingssteuerung definiert werden müssen. Vielleicht ist auch ein Tool zur Kundenbindung bereits vorhanden, in welches die Ergebnisse aus der Wearable-Nutzung einfließen sollen. Dieser technische Part soll hier zugunsten eines eher funktionellen Ansatzes ausgeklammert werden, um den Umfang dieses Artikels nicht zu sprengen. Nichtsdestotrotz ist er ebenso wichtig. Es macht somit Sinn einen Mitarbeiter mit entsprechendem technischem Know-How oder auch eine externe Unterstützung mit dem nötigen Sachverstand mit der Umsetzung eines solchen Projektes im eigenen Studio zu betrauen. Man sollte auch diese technische Komponente auf keinen Fall unterschätzen. 

 

Fazit

Wearables können, richtig eingesetzt, Studio, Trainer und Mitglieder voranbringen. Dafür bedarf es guter Planung und klarer Prozesse, die diese in den gegebenen Studioalltag erfolgreich integrieren. Hat man dies geschafft und im nächsten Schritt Mitarbeiter sowie Mitglieder vom Nutzen dieser modernen Technologie überzeugt, so kann man einen echten Mehrwert für die eigenen Mitglieder schaffen und, aufgrund der geringen Verbreitung in Fitnessstudios, sich selbst sogar mit einem echten USP auf dem lokalen Markt hervorheben. 

 

 

Über Hashtag Fitnessindustrie

Hashtag Fitnessindustrie ist der Podcast über die deutsche Fitnessbranche mit all ihren Facetten und Akteuren. Er soll einen Wissenstransfer zwischen den Interviewgästen und dem Zuhörer zum Nutzen der ganzen Branche zu ermöglichen.

Aktuelle Trends und Entwicklungen sind ebenso Teil des Podcasts wie grundsätzliche strategische Fragen aus dem Tagesgeschäft von Fitnessanbietern.

Weitere Informationen: https://hashtag-fitnessindustrie.de