• 10 – 13 April 2025
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15. September 2023, Fitness Management

Atmung als Gesundheitstraining

(c) Shutterstock

Jedes Training, jede Bewegung, jede Emotion, jede Reaktion, jede therapeutische Anwendung, jedes Gespräch – jeder Moment im Leben wird von der Atmung begleitet, ohne dass der Mensch wissentlich etwas dafür tun muss. Das bewusste Wahrnehmen der Atmung im Training, aber auch im Alltag und das regelmäßige Durchführen von Atemübungen können die Gesundheit positiv unterstützen.

Das passiert im Körper

Bei jeder Einatmung gelangt frischer Sauerstoff in die Lunge und von dort über den Blutkreislauf in jede Zelle des Körpers. Dabei tritt die Luft durch die Nase in den Körper ein, strömt weiter über die Luftröhre in den Brustkorb, der sich durch das Anspannen des Zwerchfells dreidimensional ausbreitet und der Lunge den Raum bietet, um sich auszudehnen. Durch den entstehenden Unterdruck wird die Luft von außen in die Lunge gesogen. Die Ausatmung setzt automatisch ein, indem sich die Atemmuskulatur entspannt, der Brustkorb sich senkt, Kohlendioxid (CO2) den Körper verlässt und ein Moment der sogenannten Atemleere entsteht. Dabei ist die Einatmung ein aktiver, vom Sympathikus (leistungsorientierter Teil des vegetativen Nervensystems) und die Ausatmung ein passiver, vom Parasympathikus (beruhigender Teil des vegetativen Nervensystems) gesteuerter Vorgang. Beide Phasen zusammen ergeben einen Atemzyklus. Während des gesamten Ablaufs werden die Bauchorgane (Magen, Darm, Nieren, Leber) durch das Auf und Ab des Zwerchfells „massiert“.

Die Beweglichkeit des Brustkorbes, die Stellung der Schultern und die Ansteuerung der Atem- bzw. Atemhilfsmuskulatur stellen dabei begrenzende Faktoren dar. So kann z. B. eine schlechte Haltung mit einer übermäßigen Kyphose im BWS-Bereich die dreidimensionale Öffnung des Brustkorbes bei der Einatmung einschränken und somit auch die Ausbreitung der Lunge verhindern, d. h. es kann weniger Sauerstoff aufgenommen werden. Auch eine zu hohe Bauchspannung, die z. B. durch das ständige Einziehen des Bauches aufgrund eines unbewusst verfolgten Schönheitsideals ausgelöst wird, kann eine tiefe Einatmung verhindern.

Was wir wissen

Seit vielen tausend Jahren beschäftigt sich der Mensch mit der Wirkung des Atems. In allen Hochkulturen wie z. B. bei den alten Griechen und den Ägyptern, im Hinduismus sowie im Buddhismus, aber auch in der traditionellen chinesischen Medizin wird der Atem oft als Verbindung zwischen Körper, Geist und Seele thematisiert. Außerdem finden sich unterschiedliche Atemtechniken, die zu heilenden Zwecken eingesetzt wurden.

So verwundert es nicht, dass auch die aktuelle Wissenschaft mit zahlreichen Untersuchungen nachweist, dass sich allein die Lenkung der Aufmerksamkeit auf den Atem und darüber hinaus ein gezieltes Atemtraining vielfach positiv auf unsere Gesundheit auswirken kann. Laut einer Übersichtsarbeit des Biologen Roger Stutz und der Psychologin sowie Atemtherapeutin Delia Schreiber (2017) sind die Auswirkungen sowohl auf der körperlichen als auch auf der psychischen Ebene nachweisbar, wie z. B. die Verbesserung der Lungenfunktion, die Vertiefung der Atmung, die Entspannung der Muskulatur, die Senkung des psychischen Erregungszustandes, die Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit sowie der Umgang mit Stress.

Was bedeutet das für den Studioalltag?

Bei jedem Trainingstermin werden verschiedene Übungen demonstriert, erklärt und vom Kunden selbst ausgeführt. Dabei sollten die Trainer die begleitende Atmung ausführlich und verständlich erläutern. Auch einige Sätze zum funktionellen Hintergrund einer bewusst ausgeführten Atmung während der Bewegungsausführung kann für den Kunden hilfreich sein. Wenn er z. B. versteht, dass die Ausatmung die Anspannung und die Einatmung die Entspannung der zu bearbeitenden Muskeln unterstützt, wird er sich vermehrt darauf konzentrieren und die Gefahr einer Pressatmung reduziert sich. Zusätzlich wird durch die Konzentration auf die Atmung der geistige Fokus vom ablenkenden Außen auf das Innen gerichtet, d. h. der Kunde ist mit all seinen Gedanken und seiner ganzen Aufmerksamkeit sozusagen in seinem Körper und nicht mehr bei all den Dingen, die ihn im Alltag beschäftigen. Das gesamte Training wird dadurch anders wahrgenommen und es wird, wie oben beschrieben, sowohl die körperliche als auch die psychische Gesundheit durch das richtige Atmen unterstützt.

Neben der Beachtung der Atmung im Personal Training können natürlich auch zusätzliche Angebote, wie Yoga, Meditation und andere Entspannungsmethoden, in Form von Kursen angeboten werden. Gerade in der aktuellen Zeit steht das Thema Atmung im Fokus. Bücher, Artikel in allen Arten von Zeitschriften, Atem-Apps und auch immer mehr Online-Kurse zeigen das Interesse in der Bevölkerung.

Kleine Atemschule

Zum besseren Verständnis, zur Eigenerfahrung und zum Weitergeben hier einige Übungsbeispiele:

1. Den Atem erfahren

Schließe deine Augen, atme ein- bis zweimal tief ein und wieder aus und lenke deine ganze Aufmerksamkeit in deinen Körper. Beobachte deine Atmung. In welchen Bereichen bewegt sich etwas bei der Einatmung und wo nimmst du Bewegung bei der Ausatmung wahr? Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Nach einigen Minuten kannst du deine Augen wieder öffnen.

2. Den Atem verlängern

Schließe deine Augen, atme ein- bis zweimal tief ein und wieder aus und lenke deine ganze Aufmerksamkeit in deinen Körper. Beginne dann zu spüren, wie lang die Phasen des Ein- und Ausatmens ungefähr dauern. Dabei kannst du einfach in Gedanken mitzählen. Versuche, nach einigen Atemzügen die Ausatmung ganz allmählich zu verlängern, z. B. im Verhältnis 2:3 (bspw. 4 Sekunden einatmen, 6 Sekunden ausatmen). Erzwinge aber nichts. Probiere es für einige Minuten aus.

3. Frust ablassen

Diese Übung kannst du im Sitzen oder im Stehen ausführen. Die Arme hängen dabei lang neben dem Körper und die Wirbelsäule sollte aufgerichtet sein. Mit einer tiefen Einatmung ballst du Hände zu Fäusten und ziehe deine Schultern zu den Ohren. Halte diese Position für einen Moment (die höchste Anspannung hat den Wert 5) und lasse dann die Spannung stufenlos (5–4–3–2–1–0) wieder abfließen, wobei du die Schultern und die Arme senkst. Nach einigen Wiederholungen wirst du einen angenehmen und wirksamen Rhythmus finden, ohne dass du dabei zählen musst.

Möglicherweise fühlt sich der Atem nach einer dieser Übungen ruhiger, fließender oder angenehmer an und die Alltagsgedanken sind für einen Moment in den Hintergrund getreten – ein Auftanken für Körper, Geist und Seele.

Fazit

„Dem Atemprozess des gestressten Zivilisationsmenschen mangelt es meist an Tiefe und Rhythmus“ (Skuban, 2018, S. 33). Bewusst eingesetzte Atemübungen im Trainingsprozess bzw. im Alltag trainieren die Atemmuskulatur, beruhigen den Geist und wirken sich positiv auf das Herz aus, was einen großen Gewinn für die Kunden im Fitness- und Gesundheitsbereich bedeuten kann.

 

Über die Autorin
Uschi Moriabadi, Diplom-Sportlehrerin, arbeitet als Dozentin, Autorin und Tutorin für die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement sowie für die BSA-Akademie. Sie ist außerdem eine gefragte Autorin zu den Themen Yoga, Pilates, Fitness und Gesundheit.

 

Literaturliste

Skuban, R. (2018). Pranayama, Die heilsame Kraft des Atems. Grafing: Aquamarin.

Stutz, R. & Schreiber, D. (2017). Die therapeutische Wirksamkeit westlicher Atemtherapiemethoden. Complementary Medicine Research, 24, 1–9.

 

Der Artikel ist zunächst in der Fitness Management erschienen.