• 13 – 16 April 2023
  • Messegelände Köln

18. Januar 2023, Conny Müller

Fit Kids oder Couch-Potatoes? Kinder als Zielgruppe im Gruppentraining

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Viele Kinder bewegen sich zu wenig und die Anzahl der übergewichtigen Kinder nimmt zu; beides kann erhebliche Folgen für deren Gesundheit mit sich bringen. Es ist also an der Zeit, auch diese Zielgruppe mitzudenken. Entsprechende Angebote und Programme können vor allem im Gruppentrainingsbereich schnell und einfach umgesetzt werden. Über ein solches Angebot können Studios die Kundschaft der Zukunft zudem frühzeitig gewinnen und langfristig halten.

Als eine „stille Pandemie“ bezeichneten die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DGKJ), die Deutsche Adipositas-Gesellschaft e. V. (DAG) und die Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter e. V. (AGA) schon im Jahr 2021 die Entwicklung des Übergewichts bei Kindern und mahnten die Gesundheitspolitik zur Aufnahme dieser Problematik in die Agenda. Sie bezogen sich auf die Ergebnisse der KiGGS-Untersuchung aus dem Jahr 2018, wonach zu diesem Zeitpunkt bereits 15,4 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen in Deutschland übergewichtig und 5,9 Prozent adipös waren. Die Querschnittergebnisse zeigten auch, dass weniger als 30 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen die Bewegungsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von täglich mindestens 60 Minuten körperlich-sportlicher Aktivität bei moderater bis hoher Intensität einhielten.

Eine aktuelle repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der DAG und des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin (EKFZ) verdeutlicht die aktuelle Entwicklung: Seit Beginn der Corona-Pandemie hat jedes sechste Kind Gewicht zugenommen. In der Altersgruppe der Zehn- bis Zwölfjährigen ist sogar jedes dritte Kind von einer ungesunden Gewichtszunahme betroffen.

Hauptsächlich bedingt durch den zweiten Lockdown ab Ende 2021 hat sich die Ernährungs- und vor allem die Bewegungssituation bei Kindern und Jugendlichen nun sogar noch verschlechtert. 

Zeit zu handeln

Die beschriebene Situation macht deutlich, dass Fitness- und Gesundheitsanbieter sich die Zielgruppe Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren (noch einmal) ins Bewusstsein rufen sollten. Sie haben die Möglichkeit mit einem attraktiven Angebot einen wichtigen Beitrag zu leisten, sodass Kinder fit und nicht zu Couch-Potatoes werden. Folgende Aspekte sollen auf dem Weg zum Angebot eines Kinderfitnessprogramms unterstützen:

1. Der richtige Ansatz: Spaß

Kinder übernehmen in erster Linie ihre Verhaltensmuster von Vorbildern. Auch hinsichtlich Sport und Bewegung orientieren sich Kinder an Erwachsenen. Grundsätzlich ist es also zu empfehlen, den Kindern Sport als etwas Positives zu vermitteln und zu betonen, wie wichtig Bewegung für eine gute Gesundheit ist.

Allerdings können Kinder dieses Wohlbefinden nach dem Sport oft noch nicht einordnen oder den Bezug zu Gesundheit häufig noch nicht herstellen. Das heißt, hier ist ein anderer Ansatz nötig: Spaß! Ein Bewegungsprogramm für Kinder muss interessanter und spaßiger sein als das Sitzen auf der Couch. Es muss die natürliche Neugierde von Kindern sowie den Drang, sich auszuprobieren, befriedigen. Genau hier können Fitnessanbieter ansetzen, um diese neue Zielgruppe zu erschließen.

Zur praktischen Umsetzung bietet sich der Gruppentrainingsbereich in diverser Hinsicht optimal an: Der Kursraum bietet eine große Fläche, die bestens geeignet ist für freie Bewegungen, Spiele und Kreativität. Einfach und mit wenig Zusatzmaterial kann hier ein Programm umgesetzt werden. Zudem ist durch ein separiertes Angebot im Kursraum der Betrieb auf der Trainingsfläche unbeeinflusst. Aus wirtschaftlicher Sicht kann ein Kinderfitnessprogramm bei freien Kapazitäten den leerstehenden Kursraum füllen und den Eltern ein paralleles Training ermöglichen.

2. Die Akquise

In der Erstberatung von fitnessinteressierten Personen sollte in der Bedarfsanalyse die Frage nach eigenen Kindern selbstverständlich sein. Hier kann auf die bisherige Aktivität des Nachwuchses eingegangen und ein entsprechend attraktives Angebot vorab erstellt werden (z. B. Familienmitgliedschaften, Kinder- und Erwachsenenkurse zur gleichen Zeit).

Weiterhin können Kinder von Bestandsmitgliedern in allen Altersstufen über Gutscheinaktionen angeworben werden. Auch Kooperationen mit Kindergärten und/oder Schulen bringen neue Kontakte. Ein intensives und zielgruppenangepasstes Marketing auf Social-Media-Plattformen sollte ebenfalls in die Akquise integriert sein, um auch die Kinder, deren Eltern nicht im Fitnessstudio trainieren, sowie potenzielle Kooperationspartner optimal anzusprechen und die eigene Reichweite zu vergrößern.

3. Die Trainerkompetenz

Die Kompetenzen des Trainerteams sind entscheidend. Eine grundständige fachliche Qualifikation mit Spezialisierung im Bereich Kindertraining stellt die Basis dar. In der praktischen Umsetzung kommen weitere Überlegungen hinzu: Viel zu oft werden Kinder in ihrem Alltag zu hart kritisiert, stehen unter Leistungsdruck und verlieren somit den Spaß an der Sache. Viele Kinder und Jugendliche fühlen sich heutzutage in ihrem Alltag nahezu genauso gestresst wie Erwachsene.

Daher müssen die Empathie und das Verständnis gegenüber der neuen Zielgruppe priorisiert werden. Um die Kinder langfristig zu motivieren, stehen Lob und Wertschätzung, ehrliches Interesse und aktives Zuhören an erster Stelle. Aus langfristiger Motivation kann in der Folge auch eine langfristige Kundenbindung bis ins Erwachsenenalter entstehen.

4. Das Trainingsprogramm

Das übergeordnete Ziel aller Kinderfitnessprogramme sollte die Vermittlung von Freude und Spaß an der Bewegung sein. Nur wenn das gegeben ist, bleiben die Kinder längerfristig dabei und haben dadurch die Chance, die vielfältigen positiven Auswirkungen von Sport auf die körperliche und psychische Entwicklung sowie auf die Gesundheit zu erfahren.

Inhaltlich muss das Training der sportmotorischen Fähigkeiten unter Berücksichtigung des Entwicklungsstandes altersgemäß umgesetzt werden. So erfährt beispielsweise im frühen Schulkindalter (sechs/sieben bis zehn Jahre) die Schnelligkeit ihren höchsten Entwicklungsschub. Auch das kindgemäße Training der motorischen Fähigkeiten Kraft, Koordination und Beweglichkeit sollte im o. g. Alter verstärkt berücksichtigt werden. Das Belastungsgefüge sowie die Pausen sind dem Alter und Leistungsstand der Kinder anzupassen.

 

Über die Autorin

Conny Müller, M. A. Prävention und Gesundheitsmanagement, doziert seit fünf Jahren an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und BSA-Akademie. Zuvor war sie u. a. für die Konzeption und Durchführung von Kinderaktivitäten in der Hotellerie im In- und Ausland verantwortlich und ist heute noch als Kinderfitnesstrainerin tätig.

 

Auszug aus der Literaturliste

Deutsche Adipositas Gesellschaft & Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin. (2022). Folgen der Pandemie: Wie Corona das Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen verändert hat. Zugriff zuletzt am 18.01.2023.

Hanewinkel, R., Hansen, J., Neumann, C. & Petersen, F. L. (2021). Präventionsradar. Erhebung Schuljahr 20/21. Kinder- und Jugendgesundheit in Schulen. Ergebnisbericht 2020/2021. Kiel: Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord).

Schmidt, S. C. E., Burchartz, A., Kolb, S., Niessner, C., Oriwol, D., Hanssen-Doose, A. et al. (2021). Zur Situation der körperlich-sportlichen Aktivität von Kindern und Jugendlichen während der COVID-19 Pandemie in Deutschland: Die Motorik-Modul Studie (MoMo). KIT Scientific Working Papers, 165. Karlsruhe: KIT.

 

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Dieser Artikel erschien zuerst im fitness Management.