06.01.2023, Andreas Barz
Ausdauertraining – Darauf sollten Trainer bei der Intensitätssteuerung achten
Ausdauertraining ist für die meisten Trainierenden ein elementarer Bestandteil des Trainings. Doch die Trainingssteuerung – vor allem die Wahl der richtigen Intensität –ist dabei häufig eine „Blackbox.“ Qualifizierte Trainer sollten ihre Kunden hier aufklären und fachgerecht beraten, wie sie mit einfachen Mitteln zielgerichtet trainieren können.
Beim Ausdauertraining steht die Verbesserung der Ausdauer bzw. Ermüdungs-Widerstandsfähigkeit und der Regeneration im Fokus. Trainierende sollten die angegebene Belastung möglichst lange aufrechterhalten und sich danach schnell erholen können. Ein spezifisches Training der Ausdauer im Fitnesstraining ist für alle Zielgruppen sinnvoll. Denn wie gut die Ausdauer ist, zeigt sich beim Aufstieg in den dritten Stock genauso wie beim Laufen eines Halbmarathons oder beim Absolvieren mehrerer Sätze Kniebeugen.
Metabolische Belastung im Ausdauertraining
Erfahrungsgemäß sind Gewichtsreduktion und die Verbesserung der allgemeinen Fitness die dominierenden Motive im gesundheitsorientierten Ausdauertraining. In den meisten Fällen hat das Training dabei keine konkrete Belastungsvorgabe. Auch wenn dieser Ansatz durchaus zum Erfolg führen kann, sind gezielte Belastungsvorgaben wichtig, um spezifische Anpassungen vornehmen zu können. Im Ausdauertraining spielt vor allem die metabolische (stoffwechselbedingte) Beanspruchung eine entscheidende Rolle. Unterschiedliche Belastungsintensitäten haben Einfluss auf die Form der Energiebereitstellung (aerob vs. anaerob) sowie die Anteile der verschiedenen Energiesubstrate (v. a. Glukose vs. Fettsäuren).
Dabei geht eine höhere metabolische Beanspruchung unter anderem mit einem Anstieg der Laktatproduktion (Salz der Milchsäure) einher. Werden sehr viele Laktate produziert, können die Muskeln übersäuern. Dadurch entstehen Symptome wie Muskelschmerzen oder -krämpfen. Die Unterschiede in der Energiebereitstellung sind die wesentlichen Merkmale des verschiedenen Ausdauertrainings und deren Anpassungseffekte. Vor diesem Hintergrund hat sich die Einteilung der verschiedenen Trainingsbereiche etabliert.
Um eine gezielte metabolische Beanspruchung zu erzielen, ist die Intensität des Trainings die entscheidende Stellschraube.
Intensitätssteuerung beim Ausdauertraining
Bevor ein Trainingsplan aufgestellt werden kann, muss zunächst geklärt werden, um welche Bezugsgröße es sich bei der Belastungsintensität handelt. Im Krafttraining sind beispielsweise das One-Repetition-Maximum (1-RM) oder das Mehrwiederholungsmaximum (X-RM) als gängige Bezugsgrößen etabliert. Im Ausdauertraining ist bei der Intensität hingegen häufig von dem Prozent der maximalen Herzfrequenz (HFmax) die Rede. Die tatsächliche HFmax kann allerdings nur über eine Ausbelastung ermittelt werden. Doch für einen Ausbelastungstest erfüllen die wenigsten Personen die erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen. Eine andere Möglichkeit ist die Bestimmung der maximalen Herzfrequenz mittels der Faustformel (220 – Lebensalter). Diese pragmatische Alternative ist jedoch recht unpräzise, da die Herzfrequenz selbst bei Menschen im gleichen Alter stark variieren kann. Zudem konnte gezeigt werden, dass es beim Training mit einem bestimmten fixen Prozentsatz der HFmax zu erheblichen Unterschieden in der Laktatproduktion und der metabolischen Beanspruchung kommt.
Intensitätsangaben anhand der maximalen Herzfrequenz können ihren Zweck, einen bestimmten Trainingsbereich zu erreichen, also deutlich verfehlen. Dennoch sind die Intensitätsangaben von Bedeutung, da sie eine grobe Orientierung bieten und mittels Pulsuhr oder Fitnesstracker einfach gemessen werden können. Es gibt jedoch noch weitere Möglichkeiten, die Trainer bei der Steuerung der Intensität hinzuziehen können.
Trainingsintensität anhand der Leistung bestimmen
Die folgende Möglichkeit der Intensitätssteuerung richtet sich vorwiegend an ambitionierte Freizeitsportler, die die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine maximale Belastung besitzen. Dabei richtet sich der Trainingsbereich an der Bestzeit über eine bestimmte Distanz. 70 Prozent der durchschnittlichen Geschwindigkeit einer Zehn-Kilometer-Bestzeit entspricht dabei dem Tempo eines Grundlagenausdauertrainings. Bei einem maximalen Lauf über zehn Kilometer muss die Energiebereitstellung physiologisch im oberen Bereich des aerob-anaeroben Übergangs stattfinden. Eine langsamere Laufgeschwindigkeit führt daher auch zu einer vermehrt aeroben Energiebereitstellung.
Intensitätssteuerung mithilfe des subjektiven Belastungsempfindens
Die Borg-Skala ist die gängigste Form, das subjektive Belastungsempfinden abzubilden. Die trainierende Person ordnet dabei die Belastung jeweils einem Wert von sechs („sehr, sehr leicht“) bis 20 („sehr, sehr hart“) zu. Beim Einsatz subjektiver Skalen ist es wichtig, dass Trainer klare und anschauliche Referenzpunkte vorgeben. Eine Person, die gerade erst mit dem Ausdauertraining startet, sollte die Anstrengung beim Training als etwas höher im Vergleich zu einem zügigen Spaziergang empfunden werden.
Vor allem unerfahrene Personen brauchen ein regelmäßiges, objektives Feedback. Neben dem subjektiven Belastungsempfinden sollten Trainer auch die Herzfrequenz, die erbrachte Leistung und ihre eigenen Erfahrungen berücksichtigen.
In diesem Zusammenhang können Trainer auch den Talk-Test als Hilfsmittel hinzuziehen. Dieser Test basiert auf dem physiologischen Mechanismus, bei dem das Sprechen im anaeroben Stoffwechselbereich nur noch eingeschränkt möglich ist. Obwohl dieses Vorgehen zunächst sehr trivial und ungenau erscheinen mag, haben zahlreiche Studien gezeigt, dass mittels des Talk-Tests Trainingsbereiche auf unterschiedlichen Leistungsniveaus präzise angesteuert werden können.
Fazit
Beim Ausdauertraining wird die Intensität oft nur intuitiv gesteuert. Allerdings kann die individuelle Intensitätssteuerung zielgerichtete Trainingseffekte erzeugen. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, um die Belastungsintensität zu kontrollieren. Die maximale Herzfrequenz dient zwar als grobe Orientierung, muss jedoch individuell geprüft werden. Mithilfe des subjektiven Belastungsempfindens und dem Talk-Test verfügen Trainer über zusätzliche Tools, um die Belastung zu steuern und individuelle Intensitätsvorgaben zu machen. Damit können Trainer das Ausdauertraining deutlich zielgerichteter gestalten und qualitative Trainingsberatung angeben.
Über den Autor
Andreas Barz ist Sportwissenschaftler mit Schwerpunkt Gesundheitssport. Er ist als Dozent, Autor und Tutor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) sowie als Referent an der BSA-Akademie tätig. Als passionierter Ausdauersportler nimmt er unter anderem an Langdistanztriathlons teil.
Quellen
Hottenrott, K. (2006). Trainingskontrolle mit Herzfrequenz-Messgeräten (1. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.
Neumann, G., Pfützner, A. & Berbalk, A. (2013). Optimiertes Ausdauertraining. Trainingsplanung, Leistungsaufbau, Ernährungstipps (7. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.
Dieser Artikel erschien zuerst im fitness Management.