24. Mai 2023

Wie sich Sport auf die mentale Gesundheit auswirkt 

(c) Shutterstock

Mentale Gesundheit geht uns alle an und ist neben der körperlichen Gesundheit unerlässlich. Und dennoch ist das Thema stigmatisiert und vor allem in der breiten Bevölkerung noch nicht hinreichend angekommen. Wieso hier dringend Aufklärungsbedarf besteht und welche Rolle Sport für die mentale Gesundheit spielt. 

Fast jeder dritte Mensch in Deutschland leidet im Laufe des Lebens an einer psychischen Erkrankung. Besonders in der dunklen Jahreszeit kämpfen viele Menschen mit depressiven Verstimmungen, Müdigkeit und Demotivation. In solchen Phasen ist es umso wichtiger, geeignete Tools zur Hand zu haben, um gegenzusteuern und depressiven Verstimmungen vorzubeugen.

Eine erforschte und erfolgreiche Maßnahme, die sich positiv auf die Psyche auswirken kann, ist Sport. Denn durch körperliche Betätigung werden Endorphine, also Glückshormone, freigesetzt, die das Wohlbefinden steigern und Stress abbauen.

Sport als Tool für mentale Gesundheit

Beim Training lernt der Körper mit dem ausgesetzten – positiven – Stress zurechtzukommen. Diese erarbeitete Resilienz kann er auch in anderen Situationen anwenden. Laut einer norwegischen Langzeitstudie aus dem Jahr 2017, die die Auswirkungen von sportlicher Aktivität auf die Entwicklung von Depression bei unterschiedlichsten Menschen erforscht hat, vermindert regelmäßige sportliche Betätigung die Wahrscheinlichkeit, an Depression zu erkranken.

„12 Prozent der künftigen Depressionsfälle hätten verhindert werden können, wenn sich alle Teilnehmer:innen mindestens eine Stunde pro Woche körperlich betätigt hätten“, so lautet die Conclusio dort. Eine andere Studie mit chronisch kranken Patienten aus dem Jahr 2009 berichtet ebenso von positiven Auswirkungen von Sport auf Angstzustände. Die besten Ergebnisse wurden hier erreicht, wenn das Trainingsprogramm mindestens 30 Minuten und über einen Zeitraum von drei bis zwölf Wochen erfolgte.

Was sich im Körper bewegt

Sport hat also eine unmittelbare Auswirkung auf unsere psychische Verfassung durch die neurobiologischen und neuro-endokrinologischen Veränderungen, die dabei in Gang gebracht werden. Prof. Dr. med. Johannes Scherr, Chefarzt Sportmedizin an der Universitätsklinik Balgrist, und Dr. med. Malte C. Claussen, Präsident der Schweizerische Gesellschaft für Sportpsychiatrie und -psychotherapie, schreiben in einem Beitrag zu Sport und mentaler Verfassung:

„Ein moderates körperliches Training hat einen Einfluss auf die Sekretion von Glucocorticoiden wie das Cortisol, das zum Beispiel bei Stress und Depressionen erhöht ist.  Dies wird in der Regel von vielen Menschen positiv erlebt und zum Stressabbau genutzt.“

Weiter heben sie hervor: „Zudem konnten die möglichen Auswirkungen der körperlichen Aktivität auf Neurotransmitter wie Serotonin oder Noradrenalin bereits als zusätzliche Erweiterung der Behandlungsmöglichkeiten bei depressiven Menschen genutzt werden. Sport- und Bewegungstherapie wird bereits jetzt schon […] als zusätzliche Behandlungsmethode geführt.“

Tools und Maßnahmen

Zusätzlich zur körperlichen Betätigung beeinflussen natürlich auch andere Faktoren das mentale Wohlbefinden. Nährstoffreiche Ernährung und regelmäßige Mahlzeiten, genug Sonnenlicht, soziale Kontakte, frische Luft und je nach Bedarf Nahrungsergänzungsmittel gehören etwa dazu.

Oft hilft es beispielsweise auch, die Joggingrunde, die man im Sommer abends tätigt, im Winter auf die Mittagszeit zu verlegen, umso mehr Sonne und Licht abzubekommen.

Wichtig ist auch zu wissen, dass man nicht alleine ist. Um gemeinsam dagegen vorzugehen, können Sportgruppen oder regelmäßige Sporttreffen eine Unterstützung sein.

Awareness für mentale Gesundheit schaffen

Mentale Gesundheit geht uns alle an. Für jeden einzelnen, sowie die Gesellschaft im Allgemeinen ist neben der physischen auch die psychische Gesundheit unerlässlich. Ist die körperliche Gesundheit allgemein gut erforscht und anerkannt, dass wir für diese etwas tun müssen, ist bei der psychischen Gesundheit, der Mental Health noch Aufklärungsarbeit zu leisten.

Diesen Anspruch verfolgt auch Mental Health Europe, kurz MHE. MHE ist eine europäische, NGO (Nichtregierungsorganisation), die sich für die Förderung der psychischen Gesundheit, die Vorbeugung von psychischen Problemen, die Verbesserung der Versorgung, die Förderung der sozialen Eingliederung und den Schutz von (ehemaligen) Anwendern psychologischer Behandlung, Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen, ihren Familien und Betreuern einsetzt.

Dabei arbeitet die Organisation gemeinsam mit europäischen Institutionen daran, mentale Gesundheit in alle Lebensbereiche zu verankern und zu entstigmatisieren. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, die psychische Gesundheit in unseren Gemeinschaften, in Schulen, zu Hause und am Arbeitsplatz zu fördern.

European Mental Health Week 2023

Um ihrem Ziel näher zu kommen, ruft die MHE in diesem Jahr zum vierten Mal zur European Mental Health Week vom 22. bis 28. Mai aus. Das Motto in diesem Jahr: Mentally Healthy Communities. Was wir für uns und für unsere Communities tun können und wie auch unsere Gemeinschaft uns dabei unterstützen kann, uns in jeder Lebensphase wohlzufühlen und uns entfalten zu können, zeigen verschiedene Projekte der MHE. https://www.mhe-sme.org/emhw/

 

*Bei einer Depression handelt es sich um eine schwere Krankheit. Bewegung oder eine Ernährungsumstellung können eine professionelle medizinische Behandlung nicht ersetzen. Wende dich an deinen Arzt oder deine Ärztin, solltest du unter den typischen Symptomen einer Depression leiden.*

Quellen:

Harvey, SB [u. a.]: Exercise and the Prevention of Depression: Results of the HUNT Cohort Study. Am J Psychiatry. 2018; 175: 28-36. URL: doi:10.1176/appi.ajp.2017.16111223

Herring [u. a.]: The Effect of Exercise Training on Anxiety Symptoms among Patients. A Systematic Review. Februar 2010. URL: https://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/fullarticle/774421

Claussen, Malte C. [u. a.]: Psyche und Sport in Zeiten von COVID-19. Zeitschrift Sportmedizin, Mai 2020. URL: https://www.zeitschrift-sportmedizin.de/psyche-und-sport-in-zeiten-von-covid-19/